
Ultraschallreinigung
von Hennig Willig
Im Bereich Motor der Online-Schrauberfibel wird beschrieben, wie Kolben und der Zylinder getauscht werden. Warum? Weil der Motor nach einer Vollrestauration (neue Kolben- und Zylinderpaarung, etc.) nach 1.000 km qualmt wie ein Zweitakter. Ich habe dann das Spiel Zylinderlaufwand zu Kolben gemessen, es hatte 0,15 mm oder 15 Hundertstel Spiel, anstatt dem Einbaumaß vor 1.000 km von 6-7 Hundertstel.
Wie kann so was passieren?

Ich habe meinen Zylinderschleifer angerufen und den Fall geschildert, seine Antwort: „Du hast Sand im Motor“. Ich: „Babbel net, ich hab alles sauber gemacht“. Er wieder: „Du hast Sand im Motor“. Um das verbale Spiel zu unterbrechen, fragte ich: Was kann man machen? Er sagte, der Motor wurde ganz sicher mal gestrahlt, d.h. wahrscheinlich glasperlgestrahlt. Da helfen nur 2 Stunden ins Ultraschallbad.

Gut, Motor wieder zerlegt und alle Stehbolzen der Gehäusehälften weg, dann ging eine Gehäusehälfte zu ca. 40 % in mein Bad. Also habe ich jeder Gehäusehälfte 4 Mal 2 Stunden geschallt, d.h. nach 2 Stunden um 90° gedreht und dann das 3 Mal. Insgesamt lief das Bad 24 Stunden für 2 Gehäusehälften und den Kupplungsdeckel. Ergebnis: Ich hatte ganz feines Zeug / Schlamm, oder wie man es auch nennen will, im Bad.
Gut, machen wir nach dieser Reinigung den Motor wieder zusammen mit neuem Kolben und gebohrtem Zylinder. Ergebnis: Der Roller läuft nun weit schon über 1.000 km und er braucht KEIN Öl. Also hat das Ultraschallen geholfen.
Aber warum hat es geholfen? Man muss immer die Ursache finden und verstehen, nur so lernt man was und kann es zukünftig besser machen.
Der Motor war sicherlich schon mal gestrahlt worden, aber man hat es an der Oberflächenstruktur nicht gesehen. Wahrscheinlich wurden feine Glasperlen verwendet, was üblich ist bei solch einer „Reinigung“. (Die ganz Schlauen denken jetzt, das er hat selbst gestrahlt, nein, so schlau war ich vorher schon, weil ich wusste, dass man den Restsand nur ganz schwer herausbekommt! Aber nun weiss ich, das war „Halbwissen“.)
Wie funktioniert das beim Strahlen und danach?
Beim Strahlen mit Glasperlen (oder auch anderen Strahlmitteln, außer wasserlöslichen Strahlmitteln, wie Soda) gehen die Glasperlen teilweise beim Auftreffen auf das zu strahlende Material kaputt, das bedeutet, sie platzen, und es bildet sich ein ganz feiner Glasstaub, und Glas ist hart. Dies setzt sich in die Mikroporen des Aluminiums hinein, lässt sich aber nicht auswaschen. Aber im Fahrbetrieb bei 80°C Öltemperatur oder mehr, da löst es sich und wird mit dem Öl im ganzen Motor herumgeschleudert. D.h. das Schleifmittel Glasstaub geht ins Öl hinein und mit dem Öl durch den ganzen Motor und beschädigt alles durch seine abrasive Wirkung, aber zuerst das Herz, den Zylinder und die Kolbenringe. Der Kolben ist nach Überarbeitung in einem anderen frisch gebohrten und gehonten Zylinder wiederverwendbar. Man sieht es auch ganz klar am Kolbenhemd, wenn Schmutz im Motor ist. Die anderen Teile waren noch verwendbar, weil ich nicht so lange damit gefahren bin.
Warum hilft Ultraschall? Im Ultraschallbad entsteht Kavitation in der Flüssigkeit, d.h. einfach erklärt, kleine Bläschen, die mit hohem Druck implodieren (nicht explodieren) und somit die Oberfläche reinigen, siehe auch Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Ultraschallreinigungsger%C3%A4t) bzw. Wirkweise Ultraschallreinigung: (https://rational-tl.de/wie-funktioniert-ultraschallreinigung.html). Außerdem kann das Bauteil im Ultraschallbad auf ca. 70 -80°C erwärmt werden, was die Poren öffnet und zusätzlich wird eine „Chemie“ beigegeben, die das Ergebnis verbessert. Nach der Reinigung ist das Bauteil komplett fettfrei.
Was kann das Ultraschallbad nicht? Weicher Dreck, wie der übliche Strassendreck gepaart mit dem Ölverlust des Heinkels, das kann das Ultraschallbad nicht oder nur sehr schwer entfernen. Utraschallreinigung entfernt die harten Ablagerungen in der Metalloberfläche und macht dann das „Finish“ bei der Reinigung.
Da ich ab und zu mal einen Motor mache, habe ich mir was gegönnt, ein Ultraschallbad, beheizt, worin man ganze Motorenhälften reinlegen kann.

War nicht billig, aber es macht Freude an sauberen Teilen zu arbeiten. Ich mache keine Motoren mehr ohne diese Reinigung, weil ich sicher sein möchte, dass die Teile auch „rein“ sein.
Redigiert für die Online-Version der Schrauberfibel von anh