Zum Hauptinhalt springen

Tourist 102A1

die 2. Generation des Heinkel Tourist

MotorLuftgekühlter Einzylinder-Viertakt-Motor
Bohrung / Hub60,0 / 61,5 mm
Ventilsteuerungohv
Hubraum174 cm³
PS bei U/min9,2 / 5500
ZündungBatterie Zündanlage "Siba" 12 V - 90W
Vergaser"Pallas" 20/11P
StarterE-Starter
GetriebeDreigang-Klauengetriebe
Handschaltung
1. Gang 14,3 : 1
2. Gang 8,1 : 1
3. Gang 5,1 : 1
Antriebgeschlossener Ölbad-Kettenkasten
FahrwerkStahlrohrrahmen, Teleskopgabel vorn, einseitige Schwinge hinten
Reifen4.00 x 8"
Radstand1330 mm
Länge1980 mm
Breite710 mm
Höhe980 mm
Gewicht133 kg
zul. Gesamtgewicht285 kg
Verbrauch / 100km2,3 l
Höchstgeschwindigkeit92 km/h
Preis1790,- DM
Bauzeit07.54 bis 08.55
Produktionszahlca. 17500
Fahrgestellnr. ab120 001
Motornummer ab410 001

Mehr Infos über den Tourist 102A1?

Schau Dir die Kaufberatung an!

Hintergrund zum 102A1

2025 - 70 Jahre

von Dieter Lammersdorf

Nur 12 Monate nach dem Beginn der Serienfertigung des ersten Heinkel-Rollers sorgte Heinkel im Juli 1954 mit seinem neuen Roller wieder für Aufsehen. Auch wenn der Kickstarter im deutschen Rollerbau noch üblich war, wurde für den neuen Heinkel Roller (Typ 102 A-1) der bewährte 4-TaktMotor (jetzt mit 175 cm³) mit einem elektrischen Anlasser ausgestattet. Die Weiterentwicklung des Heinkel-Rollers bis zum Typ 102 A-1 Bereits am 15. August 1953 (die Serienproduktion des ersten Rollers hatte gerade begonnen) wurden folgende Merkmale für den Roller festgelegt:

  • starke Schalldämpfung,
  • elektrischer Anlasser,
  • Automatikgetriebe (wurde nie durchgeführt),
  • Weglassen des vorderen Kotflügels
  • sowie andere Teile aus Aluminium herstellen, um Gewicht einzusparen,
  • Roller mit einem 4-Ganggetriebe ausstatten.

Zwei Monate später wurde während der Besprechung am 17. November 1953 beschlossen, den 175 cm³ Motor mit Anlasser abschließend zu testen, „um nicht anderen Fabrikaten gegenüber (Goggo, Zündapp, Dürkopp etc.) ins Hintertreffen zu geraten“. So wurde angedacht, den Kickstartermotor bereits im Frühjahr 1954 entsprechend umzubauen. Alle Teilnehmer der Konferenzen (Dr. Bentele, Mulfinger, Nack, Sieghardt, Niedermeier, Klein, Böhmler) wurden zur strikten Geheimhaltung verpflichtet. Der höhere Preis vor allem für den Anlasser (40,– DM) sollte durch Vereinfachungs- und Verbilligungs-Aktionen bei der Produktion ausgeglichen werden. Es sollte vermieden werden, dass der Verkaufspreis des Rollers erhöht werden musste. Bei einer weiteren Besprechung am 29. November 1953 wurde besprochen, dass ab April 1954 der Roller neben dem 175 cm³ Motor mit Siba Starter-Lichtmaschine und geändertem Getriebe auch ein Aluminiumtrittbrett erhalten soll. Weiter wurde intensiv an einem verbesserten 4-Gang-Getriebe gearbeitet, das aber erst im Herbst 1955 (mit Einführung des 103 A-0) zur Anwendung kam.

Obwohl es technisch und von den Planungszeiten möglich war, den Roller ab Februar 1954 mit dem 4-Ganggetriebe auszustatten, wurde dies nicht gemacht. Bei der Besprechung am 4. Juni 1954 wurde festgestellt, dass bei den Händlern (wegen des schleppenden Verkaufs in den Wintermonaten) noch zu viele Roller stehen würden, falls man den 1. Februar 1955 wählen würde. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Händler sicherlich einen erheblichen Preisnachlass gefordert hätten. So kam es schließlich, dass das 4-Ganggebrieb erst im Herbst 1955 zum Einsatz kam.

 

Die Veränderungen am neuen Roller

Von seinem Vorgängermodell war der neue Roller (Typ 102 A-1) leicht durch das Aluminiumtrittbrett (beim Typ 101 A-0 war es aus Blech), die gegossene Hinterradschwinge und den fehlenden Kickstarter zu unterscheiden. Die eigentlichen Änderungen lagen mehr im Verborgenen. Durch die Dynastartanlage musste die elektrische Anlage von 6 Volt auf 12 Volt umgerüstet werden. Da es zur damaligen Zeit noch keine leichte leistungsstarke 12-Volt-Batterie gab, entschied man sich für zwei 6-VoltBatterien. (Dynastartanlagen wurden zwar bereits in den 1930er Jahren von Bosch erfunden, kleine leistungsstarke Batterien erfand man aber erst in den 1950er Jahren). Gleichzeitig wurden die Batterien vor dem Motor platziert, um weiteren Reklamationen aus dem Weg zu gehen. Diese Verlagerung verkleinerte zwar das Werkzeugfach unter der Sitzbank, es war aber immer noch ausreichend groß, um das serienmäßige Bordwerkzeug unterzubringen.

Große Schwierigkeiten bereitete die Verkabelung der zwei Batterien, sodass das Heinkelwerk am 19. Juli 1954 - kurz nach Einführung des Rollers - aufgrund von Schäden an den Batterien, die richtige Verlegung der Kabel und den richtigen Anschluss an die Batterien erklärte.

 

Die Federung des Rollers

Kaum Änderungen gab es beim Fahrwerk. Aufbauend auf den Erfahrungen des Vorgängermodells blieb es bei der alten Reifengröße mit 4.00x8“. Auch bei der Vorderradfederung blieb man, trotz der vielen Beanstandungen, bei der „alten“ Gabel: Teleskoprohr mit langem Federweg (GrotzGabel), die weiter bei schlechter Wegstrecke leicht durchschlug. Da dieser Mangel den Heinkel-Technikern bekannt war, wurde den Händlern empfohlen, eine Unterlegscheibe an den unteren Bund des unteren Federhalters zu montieren. Dieses Verfahren wurde ab Produktionsbeginn des 102 A-1 praktiziert. Die Heinkelwerke empfahlen später ein Auswechseln dieser Scheibe durch ein Anschlaggummi, doch auch durch diesen Umbau konnten die Wünsche der Kunden nicht voll erfüllt werden.

Erst ab Oktober 1954 bot Heinkel zum Preis von DM 22,- einen Stoßdämpfer zum nachträglichen Einbau an. Die Hinterradfederung war, wie beim Vorgängermodell und allen weiteren Heinkel-Tourist Modellen sowie den Heinkel Kabinen, als Einarmschwinge ausgebildet. Ab diesem Modell wurden lediglich die bisher eingebaute Schraubenfeder und die Teleskopstoßdämpfer in einem Federbein vereinigt.

 

Der vergrößerte 4-Takt-Motor

Der Hubraum des Motors wurde bei diesem Modell auf 175 ccm erhöht und sollte bei allen weiteren Heinkel-Rollern - bis zum Produktionsende im Jahr 1965 - beibehalten werden. Auch wenn bei einer Besprechung im April 1954 noch festgelegt wurde, dass der Roller ab Januar 1955 mit einem 200 ccm Motor ausgestattet werden sollte. Erreicht wurde die Erhöhung des Hubraumes durch die Vergrößerung der Bohrung auf 60,0 mm (vorher 59,0 mm) und Veränderung des Hubs auf 61,5 mm (vorher 54,5 mm). Der Motor leistete 9,2 PS bei 5500 U/min. Die neue Lichtmaschine von SIBA lieferte 90 W bei 12 V Betriebsspannung (Ford, Opel und VW rüsteten erst Anfang bzw. Mitte der 1960er Jahre auf 12 Volt um). Dank der leistungsstarken Lichtmaschine war auch der Einbau eines großen und lichtstarken Scheinwerfers mit 130 mm Durchmesser möglich. Von den Käufern wurde dies bei den damaligen schlecht beleuchteten Rollertyp insgesamt 17.500 Exemplare verkauft werden.

Gebaut wurde der Roller vom Typ 102 A-1 von Juli 1954 bis August 1955.

Text und Fotos von Dieter Lammersdorf, aus dem Buch: Heinkel-Roller-Moped Kabine (ISBN 978-3-935517-32-4) –  kann im Heinkel-Shop erworben werden.